Tory Island

Tory Island oder der letzte König von Irland

Selbst ein als routinierter Irlandreisender muss man zugeben, Tory Island ist etwas Besonderes. Hier herrscht nicht nur der letzte König von Irland, die abgelegene Insel ist auch eine der letzten Bastionen gegen die Moderne.

Hier wird munter irisch gesprochen, der traditionelle irische Tanz céilí noch aus Spaß an der Freude gepflegt und was die Bleistiftspitzer in Dublin und Donegal sagen, interessiert keinen. Tory Island (Oileán Thoraigh) ist so irisch wie es nur geht und das ist gut so.

Die Insel liegt 12 Kilometer vor der Küste Donegals. Fährverbindungen gibt es von Bunbeg und Magheroarty. Die Überfahrt von Magheroarty dauert knapp eine Stunde, das Ticket kostete seinerzeit (Hin und Zurück) 26.00 Euro. Das mag einem teuer vorkommen, soweit man mich unterrichtet hat, bleibt die Fähre ein teures Zuschussgeschäft. In Deutschland zahl man dafür Kurtaxe. Die Investition lohnt sich auf jeden Fall und so eine Bootsfahrt ist ja auch lustig.

Die Fähre geht morgens um 9 und um dann noch einmal um 11.30. So bleibt einem genug Zeit, die Insel zu erkunden und abends mit der letzten Fähre zurück aufs Festland zu fahren. Ich persönlich würde allerdings versuchen, auf Tory zu übernachten. Es lohnt sich.

Tory Island ist relativ klein. Von Ost nach West sind es etwa vier Kilometer, breit ist die Insel teilweise nur einige hundert Meter. Es gibt zwei Siedlungen – East- und West Town (Baile Thoir und Baile Thiar) – wobei Town ein ganz klein wenig übertrieben ist. Es sind wirklich nur ein paar Häuschen. Der Hafen liegt in West Town an der Südküste.

Tory Island



Einen Pub in dem Sinne gibt es nicht, dafür hat man einen “Social Club” gegründet. Der hat neben einigen Sitzgelegenheiten, Pooltisch, Bühne und Fernseher natürlich auch eine Bar und so erschließt sich dem Außenstehenden der Unterschied zu einer ganz gewöhnlichen Kneipe nicht so weiters.

Neben dem “Social Club” gibt es eine Art Restaurant (Caife an Chreagain/Creggan), das sich allerdings auf Imbissbuden Niveau bewegt, einen kleinen Laden und natürlich das lokale Hotel. Das war leider geschlossen, als ich da war, es heißt jedoch, dass dies die zweite Tränke des Dorfes wäre, sollte im Social Club mal nichts los sein.

Übernachten kann man zudem im lokalen Hostel Teach Bhillie. Ein Bett dort kostet 20 Euro und man kann die Küche mitbenutzen. Toast, Marmelade, Cornflakes und Tee sind im Preis inbegriffen, für ein einfaches Frühstück reicht das. Das Hostel liegt direkt am Hafen, Seeblick inbegriffen. Es ist sehr lauschig und sauber, ich kann es also uneingeschränkt empfehlen. Wer weder Hostel noch Hotel mag, kann sich auch ein Appartement mieten.

Was kann man ansonsten auf Tory unternehmen? Tja, das Ganze ist etwas wetterabhängig. Wie schon so oft begrüßte uns Donegal mit strahlend blauem Himmel und da ist das Tagesprogramm einfach. Kamera geschnappt und auf zu den Klippen. Während der westliche Teil der Insel ziemlich platt ist, finden sich im Osten ein paar beeindruckende Klippen. Der höchste Punkt der Insel ist nur 88 Meter hoch, wenn man am Abgrund steht und in die tosende See schaut, fällt einem das eher schwer zu glauben. Ich persönlich hatte eher in Richtung 150 bis 200 Meter getippt.

Tory Island
Tory Island



Eine der Attraktionen ist Balors Fort oder auch Gefängnis (Dun Bhaloir). Dieser Balor – je nachdem wem man Glauben schenkt – ein böser Piratenkönig oder aber auch der irische Gott der Dunkelheit. Im Dun Bhaloir hielt er unter anderem seine Tochter Ethlinn gefangen, die irische Mondgöttin.

Hier – fast 100 Meter über dem tosenden Atlantik – befindet sich auch der sogenannte “Wishing Stone” (Leac na Leannán). Es heißt, wer ihn betritt, hat einen Wunsch frei. Es sei allerdings ausdrücklich davor gewarnt, da rauf zu klettern. Es ist kreuzgefährlich und kein Zeichen von Mut sondern von akuter Dämlichkeit. Einen Wunsch hat man auch frei, wenn man dreimal hintereinander einen Stein auf ihn wirft. Das mag mühseliger sein, ist allerdings sehr viel sicherer.

Neben der beeindruckenden üstenlinie ist Tory vor allem als Vogelparadies interessant. Vor allem an den Klippen nisten riesige Möwenkolonien. Daneben gibt es Baßtölpel, Falken und Sturmvögel, Kiebitze, Austernfischer, Papageientaucher und etliche weitere Arten zu bewundern. Ich bin nicht so der große Vogelexperte, aber selbst mir ist aufgefallen, wie viele verschiedene Arten sich dort auf engstem Raum tummeln. Ich habe es bereut, kein Fernglas mitgehabt zu haben.

König von Tory

 

Am Horizont erstrecken sich die Hügelketten Donegals, vor allem am späten Nachmittag eine malerische Kulisse. Dazu überblickt man die Nachbarinseln Inishbofin, Inisdooney and Inisbeg. Es gibt mehrere Süßwasserseen, was in Anbetracht der Größe doch einigermaßen überrascht. Es wird wohl dem in der Regel eher regnerischen Wetter zu verdanken sein.

Gegen Abend gefällt vor allem die Westspitze der Insel. Der Leuchtturm bietet den perfekten Rahmen zum Sonnenuntergang. Und von dort ist es auch nicht weit zum Social Club.

Wirklich weit weg ist auf der Insel eigentlich nichts. Von daher verwundert einen schon, dass es etliche Autos auf der Insel gibt. Die scheinen den lieben langen Tag nichts anderes zu machen, als die einzige Straße der Insel hoch und runter zu fahren. Unsere Wirtin warnte uns übrigens vor den Fahrkünsten des Regenten. Ihr guter Rat lautete: Wenn ihr ein rotes Auto mit einem L seht, springt zur Seite. Das ist Patsy.

In West Town selbst gibt es ein paar hübsche Häuschen, einen halb verfallenen Rundturm und das Wahrzeichen der Insel zu bewundern; ein Tau-Kreuz. Das ist ein Hochkreuz in Form eines T. Es steht direkt neben dem Pier und ist knapp 2 Meter hoch. Man kann es nicht übersehen.

Im Hafenbecken sollen sich dem Vernehmen nach gelegentlich Delfine tummeln. Die habe ich allerdings nur auf einem Foto gesehen. Ich glaube es unserer Wirtin aber. Schließlich hatte sie das Bild auf Ihrem Handy.

Die wahre Attraktion der Insel sind die Einheimischen. Sie sind offen, gastfreundlich und lieben es, den Gästen der Insel Geschichten zu erzählen und vielleicht den einen oder anderen Bären aufzubinden. Erster Geschichtenerzähler der Insel ist König Patsy Dan Rodgers.

Der Regent der Insel ist hauptberuflich Künstler und dem Vernehmen nach ein ganz passabler Musiker. Zudem ist er eine lebende Legende und die Attraktion der Insel schlechthin. Er versucht nach wie vor, jeden Gast der Insel persönlich zu begrüßen, allerdings schafft er es so gut wie nie, rechtzeitig an der Fähre zu sein.

König von Tory
Mit dem König von Tory; leider etwas unscharf, die Hand meines Hoffotografen war nicht mehr so ruhig.

Wir haben ihn dann abends im Club getroffen und einen Schwatz gehalten. Dabei erzählte er mir, dass er Deutschland sehr gern mag. Anscheinend war er vor ein paar Jahren mal nach Düsseldorf eingeladen und hat dort vor riesiger Kulisse ein Konzert gegeben. Das hat ihm sehr gefallen und wer will es ihm übelnehmen. Wir mögen die Iren halt.

Als wir da waren, ist das samstagabendliche Konzert leider ausgefallen. Der Bruder von Patsy war den Abend zuvor verstorben. Da kann man ihm natürlich keinen Vorwurf machen. Ich war ehrlich gesagt überrascht, dass er überhaupt aufgetaucht ist. Ob es Pflichtbewusstsein war oder er es zu Hause einfach nicht ausgehalten hat, kann ich nicht beurteilen. Was ich jedoch mit Sicherheit sagen kann, ist dass der König ein unheimlich freundlicher Mensch ist und ein echtes Original. Ich war sicher nicht das letzte Mal da.

Kleines Update: Leider ist Patsy Dan Rogers, letzter König von Tory, im Jahr 2018 gestorben. Bisher hat sich kein Nachfolger gefunden. Wenn ich etwas besser Irish könnte, wäre das eigentlich der perfekte Job für mich. Patsy, da bin ich mir ganz sicher, singt und feiert jetzt im Himmel. Ein echtes Original. 

 

Eine ganz besondere Bewandtnis hat es mit dem Lehm auf der Insel. Anscheinend mögen ihn Ratten nicht, auf der Insel gibt es nämlich keine. Dasselbe gilt für Insekten und Bäume. Das dürfte aber eher am Wind liegen.

Der Lehm wird jedenfalls auch als Glücksbringer gehandelt. Fischer haben immer etwas davon im Boot, um sich vor Ungemach zu schützen. Und da er gegen Ratten helfen soll, haben auch viele “Festländer” Interesse daran angemeldet bzw. Lehm von der Insel mitgenommen. Das nahm solche Ausmaße an, dass man der Sache einen Riegel vorschieben musste. Im sechsten Jahrhundert hat der Heilige St. Colm Cille sogar einen Hüter des Lehms ernannt. Diese Tradition wird bis heute aufrechterhalten.

Um eine Unterkunft sollte man sich vorab bemühen. So viele Betten gibt es auf der Insel nicht.

Besonders empfohlen:
Teach Bhillie – Hostel / B&B: +353 (0)74 9165145 / +353 (0)87 2987407

Kleines Update: Aktuell scheint die Turasmara Tory Island Fähre den Betrieb eingestellt zu haben. Bitte checkt vorher die Webseite (siehe unten)!

Hinweis:
Folgende Telefonnummern sind auf der Tory Webseite gelistet, ich kann also nicht garantieren, dass sie stimmen:

Óstan Thoraí / Tory Hotel – Hotel – +353 (0) 74 9135920
Graceanne Duffy – B&B – +353 (0) 74 9135136
Eílís Nic Ruairí – B&B – +353 (0) 74 9135512
Máire Nic Fhionntaigh – B&B – +353 (0) 74 9135856
Noelle & Eddie Doohan – B&B – +353 (0) 87 7950176
Jimmy Rodgers New Shop Self-catering apartments – +353 (0) 749175152

Tory Homepage:
http://www.oileanthorai.com/index.htm

Fährinfo:
http://www.toryislandferry.com/